Montag, 29. Oktober 2012

Bernd Franzinger: Todesnetz

Hauptkommissar Tannenberg verbringt mit seiner Familie einen vergnüglichen Abend auf dem Dürkheimer Wurstmarkt. Der Spaß wird jäh beendet als Nichte Marieke bemerkt, dass ihr die Handtasche mit Ausweisen und Wohnungsschlüsseln abhanden gekommen ist. Zuhause stellt sie voller Entsetzen fest, dass ein Einbrecher sich mit diesen Schlüsseln Zugang zu ihrer Wohnung verschafft hat. Zum Glück wurden nur zwei Laptops gestohlen, aber der Schreck sitz tief.
Am nächsten Tag wird Tannenberg dann ein Mord gemeldet. Ein Jogger wird im Wald bestialisch mit einem Messer niedergemetzelt. Erst als viel später in einem Entführungsfall um eine vermisste Studentin ermittelt wird, bemerkt die Kripo Kaiserslautern einen Zusammenhang: Die Studentin wurde mit einer Email in eben dieses Waldstück gelockt, und zwar genau zu der Zeit, als man den Jogger ins Jenseits befördert hat. Der Absender dieser Email ist Tannenbergs Nichte.

Als ich an dieser Stelle des Buches angekommen war, vielleicht auch ein paar Seiten später, schoss mir durch den Kopf: "Oh nein! Nicht schon wieder ein durchgeknallter Serienkiller, der es auf Tannenbergs Familie abgesehen hat. Das ist doch total unrealistisch. So viele Bekloppte kann es doch selbst in Kaiserslautern nicht geben!" Ich spielte schon mit dem Gedanken, es wegzulegen. "Eigentlich schade", dachte ich, denn bisher hatte es mir ganz gut gefallen: Vertraute Protagonisten, die sich witzige Wortgefechte liefern sowie knifflige Probleme, die bei den Ermittlungen zu lösen sind. Ich entschied mich also, dem Roman noch eine Chance zu geben. Und dann viel es mir wie Schuppen von den Haaren, doch dazu muss ich etwas ausholen.

Vor kurzem habe ich einen Krimi nicht zu Ende gelesen. Welcher das ist, verrate ich nicht. Die Erklärung für mein Tun findet sich hier. Die Autorin dieses Romans, selbst eine forensische Anthropologin und erfahrene Ermittlerin, schrieb hier über einen Fall in einem interessanten Umfeld. Offensichtlich hatte sie diese Geschichte zumindest teilweise selbst erlebt, denn sie schilderte detailgetreu die persönlichen Empfindungen ihrer Protagonistin, stellte deren Arbeit glaubwürdig und akribisch dar, ließ auch die vielen Misserfolge bei kriminaltechnischen Untersuchungen nicht aus. Zwischendurch funkten der Heldin auch noch andere Behörden bei der Arbeit dazwischen und es nervte die Presse. Alles sehr detailverliebt und sicher auch absolut realistisch erzählt. Aber im Grunde genommen auch stinklangweilig.

Wenn ich einen Krimi lese, dann will ich spannend unterhalten werden. Spannend-lustig wie bei Harald Schneider, spannend-interessant wie bei Lilo Beil oder eben spannend-lustig-gruselig wie in diesem Buch. Die Realität jedoch ist oft gänzlich unspannend und alles andere als unterhaltsam.

Das "Todesnetz" hingegen ist ein überaus spannender Krimi, und zwar bis zur letzten Seite. Da darf dann ruhig auch die Phantasie der Handlung die Sporen geben. Bitte, Herr Franzinger: denken Sie sich noch viele wahnsinnige Serienkiller aus, die Tannenberg, seiner Familie und seinen Freunden das Leben schwer machen. Und erzählen Sie weiter so fesselnd wie in diesem Buch. Selbst wenn es dann nicht ganz so realistisch ist. Ich mag das!

Ein tolles und spannendes Buch: Lesen!

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Terry Pratchett: Das Mitternachtskleid

Obwohl alle gerne die Hilfe einer Hexe in Anspruch nehmen, sei es in Sachen Altenpflege, Tiermedizin oder gegen allerlei menschliche Wehwehchen, erfreuen sich diese weisen Frauen in letzter Zeit immer geringerer Beliebtheit. Das bekommt auch Tiffany Weh, eine Nachwuchshexe im Teenageralter, zu spüren. Misstrauen und Vorurteile schlagen ihr entgegen.
Ausgerechnet in diesen für Trägerinnen spitzer Hüte so unsicheren Zeiten erwacht eine uralte, unaussprechlich böse Kraft, um Tiffany den Garaus zu machen. Ein Kampf beginnt, bei dem ihr niemand helfen kann.

Wie immer bei Terry Pratchett gibt es auch in diesem Roman wieder viel zu lachen. Trotzdem ist die Geschichte um die junge Hexe voller Weisheit und Spannung. Ein schönes Buch!

Unbedingt lesen!

Montag, 8. Oktober 2012

Elke Pistor: Eifler Zorn

Bei Abrissarbeiten an einem alten Anwesen in Gemünd entdeckt eine Baggerführerin die Fettwachsleiche eines jungen Mannes. Der Körper weist Spuren schwerer Misshandlungen auf und es fehlen beide Hände. Natürlich wird die Kripo eingeschaltet, doch schon am nächsten Tag findet sich an derselben Stelle schon wieder eine männliche Leiche der man die Hände abgetrennt hat. Letztere ist jedoch frisch. Das kann Sandra Kobler, eine der Polizeibeamtinnen vor Ort, mit Sicherheit bestätigen, noch bevor die Spurensicherung oder der Gerichtsmediziner eingeschaltet wurde. Es ist ihr Mann Arno.

Auch im dritten Eifelkrimi von Elke Pistor ermittelt wieder die ehemalige Kriminalhaupkommissarin Ina Weinz als einfache Polizistin nur inoffiziell. Was sie zusammen mit den ermittelnden Kriminalbeamten ans Tageslicht bringt, lässt dem Leser dieses spannenden Romans mehr als einmal die Haare zu Berge stehen. Geschickt mischt die Autorin Handlungs- und Zeitebenen, und führt uns einen menschlichen Abgrund nach dem anderen vor Augen.

Ein tolles Buch! Unbedingt lesen!

Wer mag, kann sich auf der Webseite der Autorin eine Leseprobe aus diesem Buch zu Gemüte führen. Außerdem kann man sich auch einen Teil des Buches von Frau Pistor persönlich vorlesen lassen. Darüber hinaus hat sich die Autorin als besonderen Leckerbissen noch ein Gewinnspiel ausgedacht.

Dienstag, 2. Oktober 2012

Ralf König: Götterspeise


"ABRAHAM! ICH KÖNNTE MAL WIEDER EIN OPFER VERTRAGEN!"

"Oh. Aber ich habe Dir doch erst gestern den Widder... Davon müsste doch noch was übrig sein?!"

"ACH. WIDDER, WIDDER!!! IMMER NUR WIDDER!!! ICH HAB KEINE LUST FÜR DEN REST DER WOCHE DIESEN ALTEN WIDDER..."

"Verstehe... Soll ich Dir einen Frischen...?"

"NEIN. MIR IST MAL NACH WAS ANDERM! OPFER MIR DEINEN SOHN."


Allein für diesen kleinen, blasphemischen Dialog zwischen dem biblischen Abraham und seinem Schöpfer lohnt es sich, das Comicbuch zu kaufen. Deshalb gibt es hier auch nur einen kleinen Auszug. Ich will ja niemandem den Spaß verderben.

Neben Parodien von biblischer Geschichten und Heiligenlegenden enthält es auch noch eine herrliche Verunglimpfung der Evolutionslehre (Gerechtigkeit muss sein), königlichen Kniefällen vor William Shakespeare und dem eher traditionellen Splatter-Horrorfilm, ein paar Klassiker sowie einige neue Episoden mit Konrad und Paul. Alles in allem eine gelungene und lustige Mischung aus der Feder des Meisters.

Unbedingt lesen, und zwar sofort!

P.S.:
Wer mag, kann sich zwei der Geschichten aus diesem Buch von Ralf König höchstpersönlich auf YouTube vorlesen lassen. Das ist überaus erbaulich, denn er macht das wirklich ganz toll, ersetzt aber nicht den vollständigen Band: