Mittwoch, 24. Dezember 2014

Wolfgang Schorlau: Die blaue Liste

Denglers erster Fall
Georg Dengler nimmt seinen Hut beim BKA und macht sich als privater Ermittler selbstständig. Neben dem üblichen Kleinkram wie Blaumachern oder untreuen Ehepartnern beschäftigt ihn die Suche nach einem hochkarätigen Wirtschaftsfachmann, der, so die offizielle Version, 1991 beim Absturz einer Boeing der Lauda-Air über Thailand ums Leben kam. Er war Mitglied im Beraterstab des sechs Wochen zuvor bei einem RAF-Attentat um Leben gekommene Treuhand-Chefs Detlev Carsten Rohwedder. Dengler nutzt seine Beziehungen zur obersten Polizeibehörde und führt eigene Ermittlungen durch. Dabei deckt er Zusammenhänge und Lügengebäude auf die so ungeheuerlich sind, dass er damit den größten Skandal der deutschen Nachkriegsgeschichte auslösen könnte. Und dann wird es richtig gefährlich.

Ein toller und spannender Politthriller, den ich während einer langen Zugfahrt verschlungen habe. Noch aus dem Zug heraus habe ich mir alle anderen Romane aus dieser Reihe beim Bücherdealer meines Vertrauens bestellt.

Lesen, und zwar unbedingt und sofort!

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Keith Richards: Life

Das Leben von Keith Richards. "Na was wird es da schon zu erzählen geben? Sex and Drugs and Rock'n Roll." dachte ich. Und genau das war es wohl auch:
Die Rolling Stones erlebten einen raketenhaften Aufstieg in den Olymp der populären Musik (obwohl sie eigentlich Rhythm N Blues spielten, und nicht Popmusik), wurden von den Fans, besonders den weiblichen, verehrt und begehrt, der Ruhm immer größer in den 70ern, Management wirtschaftete in die eigene Tasche, Drogenabhängigkeit, neues Management, Entzug, Rückfall, Entzug, Rückfall, Entzug, Management gewechselt - jetzt rollte der Rubel, Stadiontouren, irgendwann ist Keith dann doch clean, säuft aber wie ein Loch und raucht wie ein Schlot, die Band bricht an Mick Jaggers Extratouren fast auseinander, immer wieder Versöhnungen, Hochs und Tiefs haufenweise, ein zunächst unentdeckter Schädelbruch, Fluch der Karibik... Der Mann hat echt viel erlebt.

Soweit die Kurzfassung des Buches.

Bleibt noch zu erwähnen, dass Keith Richards nicht nur ein grundsympathischer Bursche ist, dem man gerne beim Erzählen zuhört. Er erklärt auch immer wieder, für einen Laien wie mich durchaus verständlich, seine Musik, seine Spieltechnik und seine besonderen Harmonien. Für mich war das ein Anlass, die Musik der Stones neu zu entdecken. Ich meine ihre Musik, nicht die Greatest Hits. Und was soll ich sagen: Das ist wirklich die beste Band auf dem Planeten.

Gewürzt wird der Lesegenuss mit vielen Fotos aus mehreren Jahrzehnten. Auf den jüngeren Bildern hat er, inzwischen vom Leben gezeichnet wie kein anderer der fünf Musiker, ein Gesicht wie ein ungemaches Bett. (Diese Formulierung habe ich im SPIEGEL geklaut.)

Ein tolles Buch, das zu lesen ich sehr empfehle.

Dienstag, 11. November 2014

Navid Kermani: Wenn ihr die schwarzen Flaggen seht

Der Kölner Orientalist bereiste im Auftrag des Spiegel im September 2014 den Irak. Er sammelte Erfahrungen in den von Schiiten kontrollierten Gebieten sowie in den kurdischen Gebieten im Norden des Landes. Während seiner Gespräche mit Menschen in Cafés, mit Geistlichen und mit Kriegern wird deutlich, dass wir hier in Europa noch viel zu wenig wissen vom Nahen Osten. Viel zu wenig von den Menschen und ihren vielfältigen Kulturen. Und viel zu wenig darüber, was die ständige Einflussnahme des Westens im Nahen Osten angerichtet hat.

Dieses mit viel Sachverstand geschriebene Buch könnte helfen, wenigstens einen Teil davon zu begreifen.

Lesen, und zwar sofort!

Sonntag, 9. November 2014

Annette Leidner: Eine Leiche für Mohrbach

Endlich ein Mord! Detektiv Wolfgang Rohrbach kann sein Glück kaum fassen. Bisher musste er sich mit der Bespitzelung von Arbeitsschwänzern über Wasser halten, nennt seinen einzigen Auftraggeber deshalb "Chef". Doch jetzt wird alles anders. Horst Wittek, seines Zeichens Bürgermeister von Dinndorf in der Pfalz, gibt Ermittlungen im Zusammenhang mit der Ermordung seiner Frau in Auftrag. Unterstützt von seinem Helfer Halfmann nimmt Rohrbach die Ermittlungen auf und träumt dabei von einem saftigen Honorar.

Das Ermittlerduo dieses Romans als "dilettantisch" zu bezeichnen, würde eine glatte Untertreibung darstellen. Völlig unbedarft tappen sie von einem Fettnapf zum nächsten haarsträubenden Fehler. Dass sie den Fall dennoch zu lösen vermögen, verdanken sie einem aus der klassischen Kriminalliteratur bekannten Ermittlertrick, den jetzt zu verraten der Anstand verbietet. Brächte dies doch jeden Leser dieses kleinen Kriminalromans um das Vergnügen und die Spannung beim Lesen.

Mir hat das Buch Spaß gemacht, und in den beiden Ermittlern steckt viel Potential für eine Fortsetzung. Da geht noch 'was!

Lesen!

Freitag, 31. Oktober 2014

Dave Eggers: Der Circle

Mae kann ihr Glück kaum fassen: Ihre Studienfreundin Annie gehört zur Chefetage des angesagtesten Startup-Unternehmens auf dem Planeten. Ein schnell wachsender Internetkonzern, der es mit genialen Ideen zu einem noch anhaltenden raketenhaften Aufstieg gebracht hat. Der Circle ist nicht zu bremsen. Und Annie hat Mae hier einen Job besorgt. Weg von den Wasserwerken, wo sie sich vorher für ein regelmäßiges Einkommen gelangweilt hat, hin zu den kreativen Teams der märchenhaft reichen Firma, die ihre Angestellten mehr als nur verwöhnt.

Schnell findet sie sich in ihre neue Arbeit bei der Kundenbetreuung ein und gehört innerhalb weniger Tage zu den besten ihrer Abteilung. Ebenso schnell wachsen auch die Anforderungen an Mae. Bald soll sie neue Mitarbeiter einarbeiten, dann wiederum erwartet man von ihr, dass sie auch im sozialen Netzwerk des Zirkel aktiv wird. Gewissenhaft partizipiert sie an allen Aktivitäten des Circle, wird schließlich selber zum Internet-Superstar, der jedwede Privatheit abschafft.

In verschiedenen Presseorganen wird "Der Circle" gelobt als das "1984" des 21. Jahrhunderts. Ich selbst würde nicht so weit gehen, denn das würde das einmalige Werk von George Orwell entwerten. Trotzdem ist "Der Circle" ein richtig guter Science Fiction. Spannend, durchdacht und mit aktuellem Bezug. Alle verfügbaren Daumen nach oben!

Lesen, und zwar unbedingt und sofort!

Mittwoch, 29. Oktober 2014

Ralf König: Barry Hoden




...und zwar beide Bände:

  • Konrad und Paul - Raumstation Sehnsucht
  • Barry Hoden - Im Weltall hört dich keiner grunzen
Paul ist unter die Autoren gegangen. Science Fiction ist sein Genre. Aber eigentlich ist es nicht wirklich Science Fiction. Eigentlich schreibt er pornographische Romane. Und die Protagonisten seiner Geschichten sehen den beiden sympathischen Comicfiguren Konrad und Paul zufälligerweise recht ähnlich. Er wird sozusagen von der Wirklichkeit inspiriert. Dem feinfühligen Konrad geht das mitunter zu weit, aber man kennt und liebt sich schon so lange, dass man einander fast alles verzeiht. 

Ebenfalls kommen in diesen Geschichten vor: Ein schüchterner Klavierschüler mit einem verkürzten Bein, Konrads Ex-Frau Brigitte, die von Paul konsequent "Igitte" genannt wird, eine Androidin im Körper einer Operndiva, Pauls hochschwangere Schwester Edeltraut, deren Mund nach einer Schönheitsoperation aussieht wie ein Saugnapf und, und, und....
Ach ja: Und natürlich jede Menge baumstarke, dunkel behaarte Kerle, ganz nach Pauls Geschmack.

Zwei wunderschöne und sehr lustige Comicbücher, die ich an einem Stück verschlungen habe. Definitiv keine Kinderbücher, aber das sollte bei den Geschichten aus der Feder von Herrn König ohnehin klar sein.

Lesen, und zwar unbedingt und sofort.

Samstag, 18. Oktober 2014

Judith Merchant: Die Lügen jener Nacht

Nina wird heiraten. Um dieses freudige Ereignis zu feiern, lädt sie auch ihre Freundinnen aus Studentenzeiten ein. Zu einigen davon pflegte sie noch regelmäßigen Kontakt, Mimi hingegen lebt seit 10 Jahren bei ihrem Freund in Schottland und wollte zunächst auch nicht kommen. Doch ein Beziehungskrach in Edinburgh kurz vor der Hochzeit in Bonn stimmt sie um. Mimi wird aus dem bisher gemeinsam bewohnten Haus geworfen, verliert zudem ihren Job und entschließt sich deshalb kurzfristig, erst einmal bei der Hochzeitsgesellschaft unterzuschlüpfen. Zum Jungesellinnenabschied treffen sich die jungen Frauen nachts am Bonner Römerbad. Sie klettern wie in alten Zeiten über den Zaun und feiern ausgiebig. Dabei betrinken sie sich so exzessiv, dass sie am nächsten Tag Erinnerungslücken haben, Mimi fehlen sogar mehrere Stunden. Doch die eigentliche Katerstimmung stellt sich ein, als der Bräutigam ermordet aufgefunden wird. Er zeigt Symptome, die auf eine ganz bestimmte Giftpflanze hinweisen. Mimi ist als kundige Kennerin von Pflanzen mit pharmazeutischer Wirkung natürlich sofort verdächtig. Außerdem wird ihr Mobiltelefon am Tatort gefunden. Könnte es sein, dass ihr jemand einen Mord anhängen will? Oder ist sie tatsächlich die Täterin? Wegen ihres Filmrisses hat sie selbst keine Antwort auf diese Frage.

In diesem psychologisch geschickt eingefädelten Kriminalroman werden jede Menge Spuren gelegt, die nach und nach alle Protagonisten verdächtig erscheinen lassen, Täter, Helfer oder Mitwisser zu sein. Schichtweise werden jedoch die falschen Spuren abgetragen und so tritt nach und nach die Wahrheit ans Licht. Und dann wird es auf den letzten Seiten noch einmal richtig spannend.

Ein tolles Buch. Unbedingt lesen, und zwar sofort!

Samstag, 13. September 2014

Derek Meister: Todfracht

Im Jahr 1393 wird der Handel in Lübeck durch Piraten blockiert, große Not herrscht unter der Bevölkerung, denn Lebensmittel werden schier unbezahlbar. In einer Sickergrube wird die Leiche einer jungen Hübscheren gefunden, gerade so, als habe man sie nach Gebrauch entsorgt. Die Folterspuren an ihrem drangsalierten Körper sind für den Fachmann Rungholt unübersehbar. Nicht zuletzt weil ihn sein alter Widersacher Kerkring mit der Preisgabe seiner dunkelsten Geheimnisse und Sünden aus früherer Zeit erpresst, nimmt der Bluthund seine Spur auf. Bald erkennt er, dass es um mehr geht als um eine ermordete Prostituierte. Um viel mehr. Für Rungholt und seine Helfer werden die Ermittlungen lebensgefährlich.

Ich will es kurz machen: Eine bis zum Nägelkauen spannende Kriminalgeschichte, eingebettet in ein überzeugendes historisches Szenario. Unbedingt lesen, und zwar sofort!

Mittwoch, 27. August 2014

Jürgen Mathäß: Kastanienbusch

Es ist kurz vor einem großen Fest an der Weinstraße, dem "Birkweiler Weinfrühling". Die Zelte für das Verköstigen der Gäste mit kulinarischen und flüssigen Spezialitäten sind schon aufgebaut, die südliche Weinstraße ist bereit für den Ansturm der Gäste. Kurz nach Sonnenaufgang wird von einem der Helfer in einem Wingert der Lage Kastanienbusch ein ermordeter junger Mann aufgefunden. Komissar Jan Badenhop, erst vor weniger als einem Jahr an die Weinstraße versetzt, ermittelt nun schon in seinen zweiten Fall im Winzermilieu. Ein Wenig fremd ist ihm diese Welt immer noch, aber er hat sich inzwischen gut eingelebt.

Die Ermittlungen decken nicht nur Details in einem immer rätselhafter werdenden Mordfall auf, sie beleuchten auch halblegale bis illegale Machenschaften eines Winzers der seine Cuvés aus zugekauften spanischen Weinen als sortenreinen Riesling vermarkten will. Der Fall wird immer kniffliger.

Herr Mathäs versteht es, so viel Insiderwissen und Lokalkolorit in einen spannenden Kriminalroman einzuflechten, dass sich das Lesevergnügen glatt verdoppelt. Seine Beschreibungen von gastronomischen Highlights an der Weinstraße sind so einladend und präzise, dass ich seine beiden Romane nicht zuletzt auch als kulinarischen Führer durch meine Wahlheimat interpretiere und auch nutze. Auch vor meiner nächsten Visite in Barcelona werde dieses Buch sicher noch einmal durchblättern und mir dabei Notizen machen. Sehr zu empfehlen, fünf goldene Kochmützen und alle verfügbaren Daumen nach oben.
Lesen, und zwar zackig!

Sonntag, 17. August 2014

Bernd Franzinger: Schultheater

Irene Graupeter, Lehrerin in Kaiserlautern, wird besonders grausam ermordet: Am Ende des Schuljahres in eine Toilettenkabine ohne Wasser eingesperrt, muss sie qualvoll verdursten. Sie wird erst am Ende der Ferien entdeckt. Tannenberg grenzt den Kreis der Verdächtigen ein auf eine Gruppe von etwa gleich alten Personen aus dem Umfeld der Ermordeten, die sich alle schon sehr lange kennen. Doch zunächst erkennt er nicht, welches der gemeinsame Nenner ist, der diese Personen wirklich verbindet.

Tannenberg hatte in vielen seiner früheren Fälle wahnsinnige Serientäter zu entlarven. Eine Weile trägt das eine Krimiserie, aber nicht ewig. Irgendwann wird auch der Umgang mit irren Mördern langweilig. Deshalb freut es mich, das es in diesem Roman um einen vergleichsweise "normalen" Mordfall geht  - sofern man bei Mord überhaupt von "normal" sprechen kann. Über die Unkenntnis des Autoren, an welche gesetzlichen Rahmenbedingungen sich ein Vertretungsplaner zu halten hat, kann ich als Fachmann lächelnd hinwegsehen, zumal der Autor in seine Handlung ein paar durchaus klare Worte zur Entwicklung des Rheinland-Pfälzischen Bildungssystems einfließen lässt.

Ein unterhaltsames und gut geschriebenes Buch. Lesen!

Samstag, 2. August 2014

Derek Meister: Rungholts Sünde

Im Lübeck des ausgehenden 14 Jahrhunderts werden Leichen gefunden.  Offensichtlich hat man den Opfern bei lebendigem Leib das Herz herausgeschnitten und nach dem Exitus durch Steine ersetzt. Rungholt wird bald zu Hilfe gerufen und ermittelt in einem Sumpf aus Flagellanten, Bußgürtelträgern und Aberglauben. Auch dem Ermittler selbst soll es schließlich an den Kragen gehen. Zwischendurch gewährt uns der Autor durch Rückblenden immer tiefere Einblicke in Rungholts düstere Vergangenheit. Auch der ist kein unbeschriebenes Blatt und hat an seinen Sünden schwer zu tragen.

Spannend und interessant - so wie es ein ordentlicher historischer Krimi sein soll! Unbedingt lesen!

Samstag, 19. Juli 2014

Elke Pistor: Eifler Neid

Ein älteres Ehepaar ist mit den Rädern in der Eifel unterwegs. Bei einer Rast beobachtet er eine Begebenheit, die wie ein Mord aussieht. Sie glaubt ihm nicht, beide streiten und schließlich setzt er sich auf's Rad um Hilfe zu holen. Letzten Endes findet die Polizei jedoch keine verwertbare Spur.

Tatsächlich Wird irgendwann doch die Leiche einer jungen Frau aufgefunden. Diese weist seltsame Male auf, die den Ermittlern Rätsel aufgeben. Ina Weinz, auf eigenen Wunsch von der Bonner Mordkommission zur Dorfpolizei in der Eifel versetzt, wittert einen Zusammenhang zu der Beobachtung des älteren Herrn, ist jedoch zur Tatenlosigkeit verurteilt. Aufgrund ihres Dienstranges wird sie zunächst allenfalls zu Hilfstätigkeiten bei der Ermittlung abgestellt.

Wieder muss Ina Weinz zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen einen komplizierten Fall lösen. Dabei ergeben sich ppsychologisch interessant aufgebaute Konstellationen, die handelnde Personen begreifbar und glaubwürdig machen. Ein tolles Buch!

Lesen, und zwar sofort!

Montag, 16. Juni 2014

Derek Meister: Rungholts Ehre

Rungolts Lehrling Daniel und seine Tochter Mirke sind schon seit Kindertagen Freunde. Nun entwickeln sich langsam zärtliche Bande zwischen den Teenagern, die aber im Jahr 1390 alles andere als standesgemäß sind. Deshalb treffen sich die beiden Jugendlichen nur an verschwiegenen Orten, wie zum Beispiel einem abgelegenen Teil des Lübecker Hafens. Eines Tages entdeckt Daniel dort die Leiche eines Mannes, mit dem er noch Tags zuvor im Wirtshaus gewettet hatte. Die beiden waren im Streit auseinander gegangen. Deshalb, aber auch um Rungholt wegen seiner heimlichen Treffen mit dessen Tochter nicht aufzubringen, verschweigen die beiden Liebenden den Fund. Doch bald gerät Daniel unter Verdacht, flieht zunächst, wird dann aber doch gefangen genommen. Rungholt kämpft verzweifelt um das Leben seines Lehrlings, und wird bald selber zur Zielscheibe des echter Täters, der mit allen Mitteln Beweise zu vernichten sucht.

Wenn ich nicht schon ein ausgemachter Rungholt-Fan wäre, so würde ich das mit diesem Roman werden. Das Buch ist spannend bis zum Abwinken, überrascht mit immer neuen Wendungen und lädt zum Mitknobeln ein. Ein kriminalistischer und historischer Leckerbissen!

Lesen, aber sofort!

Dienstag, 13. Mai 2014

Juna Benett: Formbar Begabt

Hannah ist eine ganz normale Schülerin in einer zehnten Klasse eines Gymnasiums. Sie hat die gleichen Sorgen und Nöte, die wohl die meisten Jugendlichen haben. In der Schule läuft es mal besser, mal schlechter, man schaut den Jungs der Oberstufe hinterher und man verliebt sich. Eines Tages entdeckt sie an sich eine besondere Fähigkeit, die ihr Leben von einem Augenblick auf den anderen radikal verändert. Diese Fähigkeit verleiht ihr Macht über Gegenstände und Menschen. Zunächst muss sie lernen, mit dieser Fähigkeit umzugehen. Durch verschiedene von ihr herbeigeführte, eher unangenehme Ereignisse wird ihr bald klar, dass mit dieser Macht auch eine große Verantwortung einher geht. Als ihre heimliche Liebe Jan beginnt, sich für sie zu interessieren, gerät ihr Leben nach und nach völlig aus den Fugen.

Was wie eine Teenager-Liebesgeschichte anfängt verwandelt sich innerhalb weniger Kapitel in einen unheimlichen, geradezu beängstigenden Plot. Hannahs Fähigkeit, Menschen zu manipulieren stürzt sie in tiefe moralische Dilemmata. Und  während sie in den Köpfen anderer Menschen herumfuhrwerkt merkt sie nicht, dass sie selbst ebenfalls manipuliert wird. Doch ihr Widersacher hat, im Gegensatz zu der durchaus sympathischen Heldin dieser Geschichte, keinerlei Skrupel. Bald schwebt sie in größter Gefahr.

Wäre dieses Buch tatsächlich eine Herz-Schmerz-Geschichte, ich hätte es vermutlich nicht bis zum Ende gelesen. Verliebten Sechzehnjährigen begegne ich in meinem Beruf wirklich oft genug, das muss ich mir, trotz aller Sympathie, nicht auch noch in meiner Freizeit geben. Aber die Verliebtheit des Mädchens am Anfang der Geschichte ist eigentlich nur ein Aufhänger. Schnell wird der intelligent geschriebene Roman sehr spannend und bleibt dies, dank vieler überraschender Wendungen, bis zur letzten Seite.

Formbar Begabt stellt den Auftakt zu einer Serie dar. Die geschickt angelegten Charaktere und die interessante Grundidee bieten in der Tat jede Menge Ansätze für eine Fortsetzung. Gut könnte ich mir diese Geschichte auch verfilmt oder als Fernsehserie vorstellen.

Lesen, und zwar sofort!

Sonntag, 11. Mai 2014

Lea Linster, Peter Gaymann: Das Gelbe vom Ei - Huhnglaubliche Rezepte

Lea Linster, die bekannte Spitzenköchin mit dem entzückenden letzeburgischen Akzent, hat es eigentlich nicht nötig, sich bei ihren Rezeptsammlungen von Anderen helfen zu lassen. Ihr Kochbuch rund um Huhn und Ei würde sich sicher auch ohne die herausragenden und appetitanregenden  Food-Fotos von Justine Krzyżanowska verkaufen wie geschnitten Brot. Auch die überaus putzigen Cartoons des Zeichners Peter Gaymann könnte man als schmückendes Beiwerk betrachten, welches vom Kochen nur unnötig ablenkt. Man könnte sogar der Meinung sein, die bezaubernden, in schwarzweiß gehalten Porträts, die die Köchin und den Zeichner vorzugsweise beim Herumalbern zeigen, gehörten eher an die Wand als in ein Kochbuch.

Oder man sieht die Fotos und Zeichnungen als Gewürze, die aus einem guten Essen ein noch besseres machen können. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass dies eines der schönsten und charmantesten Kochbücher ist, welches ich jemals in den Händen hielt.

Eine besondere Empfehlung der Küche, drei goldene Kochmützen und alle verfügbaren Daumen nach oben!

Lesen, und zwar unbedingt und sofort!

Freitag, 9. Mai 2014

Michael Roos: Sachen gibt's...?!


Und zwar die Heftchen #1 - #3

Die Tücken des Objekts bieten Anlass für klammheimliche Schadenfreude, ein eigensinniger Hase kitzelt immer wieder das Zwerchfell und nerdiges aus dem Leben eines computerspielenden Zeichners lässt einen schmunzeln.

Seit über drei Jahren gibt es ihn schon, den gezeichneten Blog von Michael Roos alias deMichl. Jede Woche kann man dort einen kleinen autobiografischen Comic bestaunen, in dem putzige Comicfiguren Szenen aus dem Leben des Autors leicht überspitzt nachspielen. Der Zeichenstil ist unverwechselbar und stark abstrahierend ("Quadratschädel"), die Figuren aber eng an die charakteristischen Merkmale und Eigenschaften ihrer realen Vorbilder angelehnt und daher gut erkennbar - wenn man diese realen Vorbilder denn kennt. Die Geschichten sind aufgrund ihrer Kürze immer pointiert und äußerst unterhaltsam. Deshalb verfolge ich diesen Blog schon seit einiger Zeit. Jetzt habe ich mir endlich die drei Hefte gekauft, die die jeweils witzigsten Episoden aus drei Jahren auf Papier bringen. Irgendwie fühlt sich das besser an, als immer vor dem Bildschirm zu hocken. Und dann habe sie an einem Stück verschlungen, ohne zu kauen.

Das sind tolle Comics! Unbedingt lesen, und zwar sofort!


Dienstag, 6. Mai 2014

Jonas Jonasson: Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand

Allan Karlsson hat schon sehr viel erlebt. Es nähert sich sein 100ster Geburtstag, doch er denkt mit grausen an die Feier. Lokalpolitiker werden ihm die Hand schütteln, und sich dabei fotografieren lassen wie mit einem seltenen Tier. Und überhaupt: was wäre ein solcher Freudentag, wenn es nicht einmal einen ordentlichen Schnaps zum Feiern gibt? Aber der ist im Seniorenheim nicht erlaubt. Glücklicherweise liegt sein Zimmer jedoch ebenerdig. So steigt er kurzerhand aus dem Fenster, um sich im Spirituosenladen einzudecken. Doch eigentlich will er gar nicht zurück. Es juckt den Greis, einen größeren Ausflug zu unternehmen. So findet er sich schließlich am Busbahnhof wieder, wo er bei dieser Gelegenheit gleich einen schwergewichtigen Koffer mitgehen lässt. Der Inhalt dieses Koffers entpuppt sich später als eine sehr große Summe Bargelds. Und so stolpert er von einem Abenteuer ins nächste, verblüfft dabei mit rascher Auffassungsgabe und erfrischend pragmatischem problemlösenden Denken. Zwischendurch gibt es immer wieder Rückblenden in sein bewegtes bisheriges Leben, in dem er, obwohl selbst gänzlich unpolitisch, erstaunlich viele äußerst prominente Politiker kennen gelernt hat.

Jajaja, ich weiß! Der Aufkleber "Bestseller" schreckt mich normalerweise ab, ein Buch überhaupt anzufassen. Dieses hier war ein Geschenk, welches zunächst lange in dem "noch zu lesen"-Schrank (den habe ich tatsächlich!) gelegen hat. Irgendwann wurde ich dann doch neugierig und habe es gelesen. Und es war bezaubernd! Ein wunderschön gesponnenes Doppelroadmovie in meinem Kopf, auf mehreren Zeitebenen und voller verrückter Einfälle. Großartig und sehr zu empfehlen!

Unbedingt lesen, und zwar sofort!

Sonntag, 20. April 2014

Derek Meister: Flutgrab

Wir schreiben das Jahr 1394. Der Sommer in Lübeck ist ausgesprochen kühl und verregnet, Piraten blockieren den Ostseehandel der Hansestadt, es herrscht eine Hungersnot. Unter mysteriösen Umständen verschwinden mehrere Kinder, eines davon taucht wieder auf und wird kurz darauf auf bestialische Weise abgeschlachtet.

Der Patrizier Rungholt steht in der Kreide beim unbeliebten Geldverleiher d'Alghieri und kann wegen der angespannten Lage seine Schulden nicht begleichen. D'Alghieri bittet ihn im Gegenzug für seinen Langmut um einen Gefallen: Rungholt soll ihm bei der Wiederbeschaffung entwendeter Edelsteine behilflich sein. Gelingt ihm das, wird ihm weitere Zeit zur Beschaffung von Geld eingeräumt. Bleibt er erfolglos bei der Suche nach dem Dieb, gehen sein Haus, seine Brauerei und sein Schiff in den Besitz des Bankiers über.

Rungholt wähnt sich im Vorteil: Das Aufklären eines einfachen Diebstahls sollte ein Kinderspiel sein im Vergleich zu anderen Fällen, die er bereits gelöst hat. Doch ganz so einfach wie er glaubt ist der Fall nicht gelagert. Mehr und mehr Verbindungen zu den verschwundenen Kindern werden deutlich und die Zeit läuft ihm davon.

Ein ausgesprochen spannendes Buch. Der historische Hintergrund der Geschichte ist gut recherchiert  und sprachlich ist sie ein Leckerbissen.

Unbedingt lesen, und zwar sofort!

Donnerstag, 3. April 2014

Derek Meister: Knochenwald

Im Jahr 1392 erreicht der Lübecker Patrizier Rungholt als Pilger München. Er ist auf der Suche nach Vergebung für seine Sünden. Außerdem will er nach seiner Tochter sehen, die Jahre zuvor den Münchener Flößer Utz Bacher geheiratet hat. Seine schlimmsten Befürchtungen bezüglich ihres sozialen Abstiegs bewahrheiten sich. Und so geraten die beiden Männer bald aneinander.

Nicht zuletzt wegen seines cholerischen Tempraments wird er aus der Wallfahrtskirche geworfen und erhält Hausverbot. In der Hoffnung, nachts von einem Goldschmied heimlich bei den Reliquien eingelassen zu werden lässt er sich darauf ein, sich auf die Suche nach der verschwundenen Frau des Handwerkers zu machen. Eine lange und gefährliche Odyssee durch das mittelalterliche München beginnt.

Ein spannendes und interessantes Buch!

Lesen, und zwar sofort.

Samstag, 15. März 2014

Sebastian Thiele: Die Hexe vom Niederrhein

Im Winter 1642 tobt am Niederrhein der Dreißigjährige Krieg. Auch die Bewohner der kleinen Stadt Kämpen fürchten um Hab und Gut, um Leib und Leben. Eigentlich geht es dem jungen Schmied Lorenz nicht schlecht in diesen Zeiten. In der Schmiede seines Vaters gibt es für ihn und seinen Bruder reichlich Arbeit, denn die Stadtwache und auch befreundete Heere wollen mit Musketen ausgestattet und ihre Pferde beschlagen werden. Außerdem retten die Brüder nach dem sonntäglichen Kirchgang die schöne Tochter des Statthalters vor zwei durchgegangenen Pferden. So kommen sie in den Genuss einer Einladung in dessen Privathaus. Aber nicht die von allen jungen Männern des Ortes angehimmelte Elisabeth hat es ihm angetan, er verliebt sich vielmehr in ihre geheimnisvolle und kluge Adoptivschwester Antonella. Doch als in der Nähe seiner Heimat ein hessisches Söldnerheer auftaucht, wir ihm der volle Ernst der Lage deutlich. Er trifft eine folgenschwere Entscheidung.

Der Horror eines lange andauernden Religionskrieges, bittere Not und Armut der Menschen in dieser Zeit sowie Aberglaube und Hexenwahn stehen in der Handlung dieses spannenden Romans im Vordergrund. Das ist eine Zeit, in der ich nicht gelebt haben möchte.

Ein gutes Buch! Unbedingt lesen!

Sonntag, 23. Februar 2014

Manfred H. Krämer: Die Raben vom Mathaisermarkt

Ein nicht unumstrittener Lokalpolitiker wird ermordet und am Riesenrad des Schriesheimer Mathaisermarktes regelrecht gekreuzigt. Kommissarin Elke Lukassow und ihr Kollege Frank Furtwängler ermitteln. Die mit der Polizistin befreundeten Privatermittler Bertha Solomon und Lothar Zahn heben währenddessen Probleme ganz anderer Art: Tarzan ist in eine Spielsucht abgeglitten. Er verzockt  Haus und Hof, wird von Solo vor die Türe gesetzt und muss schließlich einen Job als Security-Chef in einem illegalen Edelbordell annehmen. Nach und nach werden ihm die Zusammenhänge seiner neuen Wirkungsstätte und dem spektakulären Ritualmord klar. Er vertraut sich Lukassow an, die ihn nicht nur kriminaltechnisch unterstützt.

Die Bergstraßen-Krimis von Herrn Krämer habe ich jetzt durch. Auch dieser Band aus der Reihe ist wieder überaus spannend und sprachlich hervorragend. Sehr zu empfehlen!

Lesen, und zwar sofort!

Freitag, 7. Februar 2014

Manfred H. Krämer: Der Kardinal von Auerbach

Bei archäologischen Ausgrabungen kommt es immer wieder zu Störungen und Behinderungen. Auf die Grabungsleiterin wird schließlich sogar ein Mordanschlag verübt. Gibt es an der Grabungsstelle ein Geheimnis jenseits des wissenschaftlichen Interesses? Solo und Tarzan werden als verdeckte Ermittler in die Grabungsaktion eingeschleust, und geraten bald in Lebensgefahr.

Herr Krämer legt erneut einen sehr spannenden und sprachlich äußerst gelungenen Roman vor. Das ist Suchtstoff erster Kanone!

Bitte mehr davon!

Lesen, aber unbedingt und sofort!

Mittwoch, 15. Januar 2014

Yotam Ottolenghi, Sami Tamimi: Jerusalem

Das Kochbuch

Was die beiden Autoren zusammen mit den Fotografen Jonathan Lovekin und Adam Hinton vorlegen ist für mich schlicht genau das, wonach ich seit Jahrzehnten suche: Ein Kompendium der von mir so sehr geliebten orientalischen Küche, kombiniert mit einem traumhaften fotografischen Rundgang durch die heilige Stadt dreier Weltreligionen und opulenter Food-Fotografie. Die Co-Autoren Nomi Abeliovich und Noam Bar steuern noch intelligent geschriebene Texte jenseits des Kochbuch-Themas bei und laden zum Schmökern ein. In Leinen gebunden ist dieses wunderschöne Buch eigentlich viel zu schade für die Küche, aber genau da gehört es hin und sollte ebenda auch möglichst häufig benutzt werden.

Alle verfügbaren Daumen nach oben, jetzt habe ich gewaltigen Hunger!

Lesen, und zwar unbedingt und sofort!

Freitag, 10. Januar 2014

Helmut Seebach: Kleine Geschichte des Trifels und der Stadt Annweiler

Reginalgeschichte faszinierte mich schon früh. Hilft es doch, die großen Zusammenhänge der Weltgeschichte besser zu verstehen, wenn man deren Auswirkungen auf einen bekannten Raum kennen lernt. Und in der Pfalz gibt es viele Plätze, wo sich weltgeschichtlich bedeutsame Ereignisse abgespielt haben. Die Burg Trifels ist ein solcher Platz.

Helmut Seebach erhebt nicht den Anspruch, ein Kompendium der Regionalgeschichte verfasst zu haben. Er zeigt immer nur die wichtigsten Ereignisse und Zusammenhänge auf, nicht selten auch aus der Perspektive der kleinen Leute. Das ganze würzt er mit vielen Zitaten aus historischen Quellen und mit uralten Fotografien.

Dieses kleine Buch hat mir sehr viel Freude bereitet. Es ist höchst unterhaltsam und vermittelt dennoch fundiertes historisches Wissen. Sehr zu empfehlen!

Unbedingt lesen!

Mittwoch, 1. Januar 2014

Nora Noé: Tod im Jungbusch

Im Stadtviertel Jungbusch findet ein älterer Herr beim umweltgerechten Aufsammeln von achtlos in den Kanal geworfenem Müll eine sorgfältig in Plastik verpackte Leiche. Es sind die traurigen Überreste einer bekannte und viel beachteten berliner Fotografin. Die junge Journalistin Jennifer Trams erhält von einem ungeliebten Boulevardblatt den Auftrag, über die Ermittlungen zu berichten. Doch die Polizei kommt nicht weiter. Völlig überraschend zeigt ihr ihre ältere Freundin Cleo auf, dass die Ermordete eine gemeinsame Freundin aus den Kindertagen der Reporterin ist. Vor über dreißig Jahren haben sie gemeinsam in einer großen Wohngemeinschaft gelebt. Als dann Cleo selbst verschwindet, glaubt Jennifer noch an einen Zufall. Schließlich hatte Cleo sich in der letzten Zeit häufiger mit ihrem langjährigen Lebenspartner Arteo, ebenfalls ein ehemaliger WG-Bewohner, gestritten. Die impulsive Frau wollte vermutlich nur Abstand gewinnen und Arteo eins auswischen. Dieser ist zunächst sehr deprimiert über das Verschwinden seiner Partnerin, freundet sich jedoch überraschend schnell, zu schnell, mit Jennifers junger und überaus hübscher Nachbarin an. Bald überschlagen sich die Ereignisse und Jennifer erkennt, dass auch sie in Gefahr schwebt. Noch ahnt sie nicht, aus welcher Richtung diese Gefahr droht.

Der mit viel Insiderwissen über Mannheim und seine Menschen gewürzte Krimi liest sich zügig, und lädt mit vielen eingestreuten Hinweisen zum Mitknobeln ein. Und wenn man dann erst einmal auf der richtigen Spur ist, legt man das Buch nicht mehr auf die Seite und liest es in einem Rutsch fertig. Ein schönes und spannendes Buch, das auch ganz am Ende noch die eine oder andere überraschende Wendung nimmt.

Lesen!