Freitag, 28. Juli 2017

Heinz-Werner Kubitza: Der Jesuswahn

Wie die Christen sich ihren Gott erschufen

Die Entzauberung einer Weltreligion durch die wissenschaftliche Forschung

Wissenschaftliche Forschung im Zusammenhang mit Religion? Glauben auf dem Prüfstand wissenschaftlicher Methodik? Das geht natürlich nicht. Glaube ist Glaube, und Wissenschaft ist Wissenschaft. Aber historische Dokumente und Erzählungen lassen sich durchaus auf ihren Wahrheitsgehalt abklopfen. Historiker machen das ständig. Sie vergleichen Texte unterschiedlicher Autoren und versuchen herauszufinden, wer von wem abgeschrieben und wer etwas ergänzt hat, was im ursprünglichen Text nicht zu finden war. Und nach und nach legen sie so den vermutlich wahren Kern einer Erzählung frei. Auch Theologen, welche die Kirchengeschichte und das alte und neue Testament erforschen, arbeiten so. Dabei stellte sich heraus, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich eine historisch belegbare Person namens Jesus gegeben hat. Über dessen Kindheit und Jugend weiß man nichts, aber von seinem Wirken als Wanderprediger ist durchaus einiges bekannt: als Schüler des Predigers, der als Johannes der Täufer bekannt wurde, trat der lebensfrohe und gegenüber Frauen sehr tolerante junge Rabbi für eine gemäßigte Interpretation des jüdischen Glaubens ein. Er predigte in Galiläa und wurde nach einem kurzen Intermezzo in Jerusalem hingerichtet. Was er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht wollte war, als Gottessohn oder gar als Gott angebetet zu werden. Auch der Missionierungauftrag für die Völker der Welt wurde erst später hinzuerfunden. Seine Worte richteten sich ursprünglich nur an Juden.

Man könnte das Buch von Herrn Kubitza so zusammenfassen: Das neue Testament ist ein von den (heidenchristlichen) Jüngern der zweiten und dritten Generation um einen winzigen historischen Kern herum weitgehend frei erfundenes Buch. Es enthält Rechtfertigungen für Krieg und die Vernichtung und Unterwerfung ganzer Völker, grauenvolle Folterandrohungen für alle, die nicht rechten Glaubens sind und ist genau besehen ein äußerst verstörendes Werk.

Herr Kubitza, selbst studierter und promovierter Theologe, argumentiert sozusagen von innen heraus. Er tut dies klug und voller Sachkunde, bleibt stets verständlich und logisch und würzt immer wieder auch mit Humor.

Ein wichtiges Buch. Lesen, und zwar unbedingt und sofort.

Freitag, 7. Juli 2017

Heinz-Werner Kubitza: Der Glaubenswahn

Von den Anfängen des religiösen Extremismus im Alten Testament

Gott ist nicht tot. Um tot zu sein, muss man zunächst einmal leben und dann sterben. Dann ist man tot. Aber der Gott des Alten Testaments hat nie existiert. Er wurde frei erfunden, ebenso wie viele der als historische Dokumente klassifizierten Teile der Bibel. Und das oft Jahrhunderte nach der erfunden Handlung.

Das wäre an und für sich nicht weiter tragisch. Um Menschen eine moralische Leitlinie an die Hand zu geben, sollte auch die eine oder andere didaktische Lüge erlaubt sein. Das mache ich in meinem Unterricht schließlich auch nicht anders. Aber welche Moral wird denn eigentlich im Alten Testament gepredigt? Nehmen wir für einen kurzen Augenblick die Bibel einmal wörtlich:

Jahwe ist ein fürchterlicher Gott: Ein rachsüchtiger, streitlustiger, nachtragender Pedant, der schon für vergleichsweise kleine Vergehen zu töten bereit ist. Und er tötet nicht nur den Sünder, er vergeht sich auch gleich an seiner Familie, seinen Mitbewohnern, gelegentlich auch an allen seinen Landsleuten. Jahwe ist ein furchtbarer Kriegsgott. Er mordet ganze Völker, immer wieder schlachtet er tausende und abertausende Menschen ab, ohne Ansehen des Geschlechts, des Alters oder der aktiven Beteiligung an einem Krieg. Nach heutigen Maßstäben ist er ein psychopathischer Kriegsverbrecher, der immer wieder Menschenopfer fordert und auf grausamste Art und Weise auch selber den Tod bringt. Die von ihm selbst erlassenen "zehn Gebote" missachtet er in einem Ausmaß und einer Skupellosigkeit, dass einem schlecht werden kann.

Nungut. Wer nimmt schon die Bibel wörtlich? Der eigentliche Skandal, den der studierte und promovierte Theologe (!) Heinz-Werner Kubitza hier aufdeckt ist nicht, dass die Bibel ein in weiten Teilen frei erfundenes und höchst verstörendes Buch ist. Das sollte jeder wissen, der mehr als ein paar Zeilen darin gelesen hat, besonders in der philologisch besonders originalgetreuen Zürcher Übersetzung. Der eigentliche Skandal ist, dass die Bibelforschung der Kirchen seit Jahrzehnten genau diese Erkenntnis herausgearbeitet hat, den Gläubigen in den Gemeinden dieses Wissen aber vorenthalten wird. Wenn ich aus einem Märchenbuch vorlese (das tue ich gelegentlich im Unterricht), dann sage ich vorher, dass es sich um ein Märchenbuch handelt. Die Pfarrer auf der Kanzel tun dies, wider besseren Wissens, nicht.

Lesen. Und zwar unbedingt und sofort.